"Höre auf dein Bauchgefühl!"
"Mach Dir keine Sorgen,
deine Mutterinstinkte werden Dir
weiterhelfen!"
"Intuition ist oft mehr als logische
Entschlüsse!"
"Deine Emotion spricht die Wahrheit,
höre auf Sie!"
Mütter in Schwangerschaft, Wochenbett und Stillzeit hören diese Sätze oft.
Aber auch in schwierigen Zeiten oder Konfliktsituationen, in denen wir Entscheidungen fällen sollen,
werden wir mit diesen Aussagen konfrontiert.
Ich habe mir schon oft die Frage gestellt:
"Wo wohnt eigentlich mein Bauchgefühl?" Denn wenn ich es ganz schnell und spontan brauchen würde, läute ich an.....
aber es ist gerade nicht zuhause!......
Oder es hat die Mailbox an, wo ich die Nachricht hinterlassen kann, dass es in meinem Bauch zieht und sich mein Rücken verspannt und ich mich nicht wohl fühle. Aber fragen und entscheiden kann ich noch nicht.
Ich habe mir also angewöhnt, mein Bauchgefühl am nächsten Tag erst zu befragen und die berühmte eine Nacht darüber zu schlafen. Es weiß ja, dass ich nicht spontan und schnell antworten kann und
mir meine Konfliktgespräche erst zusammenbasteln muss.
Mein Bauchgefühl war ein Waisenkind. Ganz lange hat es in mir gewohnt und wurde bekämpft.
Anfangs nicht von mir selbst. Es wurde mit solchen Aussagen meiner Umwelt sehr bald in die Enge getrieben:
" Das kann doch nicht wehtun"
" Du bist so sensibel.... zu sensibel!"
"Du hast aber komische Ansichten, die sind unrealistisch!"
" Du bist zu schwach!"
"Das schaffst du nicht!"
"Verneine deine Gefühle....Sieh, die Welt ist doch so schön rosa!"
"Sei stark!" - "um jeden Preis!"
So zog sich mein Bauchgefühl immer mehr und mehr zurück. Es wurde mir nach und nach abgesprochen.
Natürlich versuchte es, im Untergrund zu rebellieren, um wieder in meine Bewusstsein zu gelangen!
Meine Bedürfnisse kannte es ja am besten....Besser als ich selber!
Aber ich konnte ich es nicht danach fragen.
Statt dessen befragte ich andere: Freunde mit anderen Realitäten und Lebensstilen,
Familien, die meine Probleme "nie hatten" oder in denen "solche Sachen nie vorkommen",
missachtete meine Grenzen, denn ich war ja hypersensibel und
ein wenig Ungunst, destruktive Kritik und Grenzüberschreitungen sollte "frau" - ach was! "mädchen" - schon aushalten...
Immer weniger hinterfragte ich, spürte ich, wusste ich über mich. Wurde doch alles, was ich wahrnahm, nicht als meine persönliche Realität respektiert. Wie konnte ich so meinen ganz eigenen Weg finden?
So machte ich mich auf die Suche nach meinem besten Ratgeber. Und es wurde eine lange Suche, die mehrere Jahre dauern sollte.
- Ich filterte streng Freundschaften von Bekanntschaften. Beide sollen mich bestärken.
- Ich verabschiedete mich auch von Menschen, die mir Neid, versteckte Mißgunst und wenig Authentizität entgegenbrachten.
- Ich mied ein Jahr lang viele mediale Angebote, die mir so viel Zeit zur Eigenreflexion nahmen.
- Meine Realität ist alles was ich denke und fühle - wurde ein Leitsatz in meinem Leben, den mir keiner mehr nehmen kann.
- Ich nahm und nehme Termine an und auch mir gleichzeitig die Freiheit, alle wieder abzusagen.
- Ich frage meine Familie, wie sie mich wahrnimmt. (Sie sind mein bester Spiegel!)
- Ich nehme mir für Entscheidungen mehr Zeit und habe mich bewusst dazu entschieden, ein "Spätzünder" zu sein und das maximal auszukosten!
- Ich fing an, dass ich nicht mehr funktionieren muss. Eigentlich muss ich ganz wenig...
So zog nach und nach mein Bauchgefühl wieder in mir ein.
Auf den Ruf mit der Bitte um Beratung kommt auch jetzt lange keine Antwort.
So ist es nach wie vor schwierig, mit mir Konflikte sofort an - und auszusprechen, denn mein Bauchgefühl hat noch immer zu wenig Übung, dem Gehirn schnell zu vermitteln, dass es jetzt an der Zeit wäre, jetzt mit einer Aussage zu kontern, mich jetzt zu schützen, meine Grenzen jetzt aufzuzeigen.
So nehme ich mir eine Pause.
Spätestens am nächsten Tag treffen sich meine Bauchgefühl und ich zu einem Meeting und besprechen,
wie wir" unser" System besser schützen können, was mit anderen besprochen werden soll und wo Entscheidungen anstehen.
Das ist dann eben nicht "schlagkräftig" aber sehr gut im Team überlegt und viele Ressourcen werden ausgeschöpft.
Manchmal entscheiden wir gar nicht, sondern machen die Teambesprechung zum Supercouching......
Ich darf auch Entscheidungen stehen lassen. Auch behandle ich keine Fragezeichen anderer mehr.
Dein Bauchgefühl kann bei dir aber auch ganz woanders wohnen.
Zum Beispiel im Kopf. Und wenn die Spannung steigt, reagiert es mit Kopfschmerz und Migräne. Es muss nicht immer im Bauch gesucht werden. Du kannst darauf hören. Das schaffe sogar ich ganz schnell.
Sendet es ein körperliches Zeichen wie Bauchschmerzen, Unruhe, Muskelverspannungen, Magenschmerzen, erhöhter Puls oder ein seelisches wie z.B. Traurigkeit, Gereiztheit oder Wut?
Dann mache einen Schritt zurück und überlege:
- Welche Aussagen/Taten haben heute meine Grenzen überschritten?
- War die Kritik an mich wertschätzend ausgesprochen?
- Hat mein Gegenüber versucht, mich zu verstehen?
- Bin ich gut zu mir?
- Bin ich nachsichtig mit mir?
- Verzeihe ich mir?
- Was (alles) verlange ich von mir?
- Achte ich auf meine Bedürfnisse? (bitte hier sofort einen Katalog anlegen:))
- Welche Option der Entscheidung fühlt sich für mich besser an? (j/n)
Natürlich wird mein Umfeld in die Entscheidungsfindung mit einbezogen.
Kein Umfeld, dass sich an meinen Schwächen größer macht, besser fühlt und mehr weiß als ich.
Ein Umfeld, dass mir wohlwollend, empathisch und authentisch gegenübersteht.
Es ist wunderbar, Entscheidungen zu treffen, die nur aus mir selbst entstehen.
Es ist ein großes Stück Freiheit!
Kommentar schreiben
Susa (Mittwoch, 08 November 2017 11:01)
So ein schöner text! Eine berührende geschichte. Und mein bauchgefühl freut sich, weil ich nachfrage, ob wir momentan in gutem kontakt sind.... danke für den stups